Die wirkungsvollste Architektur-, Kunst- und Designschule des 20. Jahrhunderts wird 100 Jahre alt. Die schnörkellose, karge Bauhauskubatur trat in den folgenden Jahrzehnten den Siegeszug in der westlichen Welt an. ( Denken wir dabei auch an die „weisse Stadt“ innerhalb Tel Avivs). Kunst und Design sind ohne die Einflüsse des Bauhaus nicht mehr denkbar.
Im Frühling 1919 wurde das Staatliche Bauhaus von Walter Gropius in Weimar gegründet. Das Konzept war ausgesprochen neu, denn es wollte eine Zusammenführung von Kunst und Handwerk. Das Kunsthandwerk sollte belebt werden, aber in einer modernen Formensprache. Die Zusammenarbeit von Künstlern und Handwerkern sollte gleichberechtig sein. Gesellschaftliche Unterschiede wollte man so beseitigen. Die bildende Kunst, die angewandte Kunst und die darstellende Kunst wurden miteinander verbunden. Daraus ergab sich auch eine starke Ausstrahlung auf die Malerei, den Tanz und die Musik.
Der Grundgedanke war, die Architektur mit den anderen Künsten zu verbinden. Quasi als Gesamtkunstwerk. Gropius Aussage war (aus dem Bauhaus -Manifest 1919): „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau!“ Dagegen opponierten dann die Kunstmaler wie Wassily Kandinsky, Paul Klee, Oskar Schlemmer, Gerhard Marcks, die deshalb wohl nicht lange blieben und heutzutage kaum noch mit dem Bauhaus in Verbindung gebracht werden.
„Wir alle müssen zum Handwerk zurück“ (Gropius, Bauhaus -Manifest, 1919)
Die Lehre am Bauhaus bestand in der Vorlehre und danach der Werklehre. Im Vorkurs wurde auf eine vielseitige Ausbildung wert gelegt. In den Werkstätten versuchte man die Nachteile der industriellen Produktion zu vermeiden, aber trotzdem noch Gegenstände in Serie herzustellen. Schöne Gebrauchsobjekte, industriell gefertigt und günstig im Preis war die Devise. Dies gelang zum Beispiel in der Keramikwerkstatt, wo eben auch experimentelle Entwürfe zugelassen wurden. Die Professoren am Bauhaus nannten sich Formmeister. Es lag ihnen daran, dass die zukünftigen Künstlerinnen, Architekten, Gestalterinnen zuerst einmal die handwerklichen Grundbegriffe und die Beschaffenheit der Materialien von den Handwerksmeistern lernten. Dieser Gedanke war damals ungewöhnlich.
Das Bauhaus galt als absolute Avantgarde (für die Männer). Einzig in der Werkstatt der Weberei waren Frauen erwünscht und sie wurden richtiggehend aufgefordert, sich dort einzuschreiben. Trotzdem existieren Fotos mit tätigen Frauen in den diversen Werkstätten (z. B. in der Keramikwerkstatt oder in der Tischlerei). Jedenfalls entstanden in der Weberei moderne Designs mit klaren Strukturen, die auch heutzutage noch überaus aktuell sind. Dass in der Tischlerei auch viele Spielsachen hergestellt wurden, war mir vor der Ausstellung im Mudac nicht bekannt.
Die Idee mit dem Stahlrohrmöbel kam Marcel Breuer auf seinem Velo. Der gebogene Lenker inspirierte ihn zu Experimenten bis zum ersten Stahlrohrstuhl. Die Bauhäusler nannten diese Entwürfe „Stahlmakkaroni-Ungeheuer“. Aber in der Metall-Werkstatt entstanden nicht nur die Stahlrohrmöbel sondern auch Kannen oder Lampen usw.
In der Werkstatt für Grafik und Druck wurde mit all den vorangegangenen Stilen wie der Barockkunst aufgeräumt. Jetzt gab es einen klaren Aufbau der Bildgestaltung und es wurden moderne schnörkellose Schriften entworfen.
Es existierte sogar eine Werkstatt Bühne. Das Theater war für Gropius auch ein Gesamtkunstwerk. An der „Bauhauswoche“ 1923, an dem sich das Bauhaus der Oeffentlichkeit vorgestellte, wurde das „Triadische Ballett“ aufgeführt. Darin trugen die Darsteller futuristische Kostüme und bewegten sich wie Maschinenmenschen. Des weiteren gab es ein Konzert mit sechs Klavierstücken, eine Erstaufführung der Marienlieder von Hindemith, die Erstaufführung der Geschichte vom Soldaten von Strawinski, die Reflektarischen Lichtspiele von Hirschfeld-Mack und vieles mehr.
Die Baulehre war der letzte Teil der Ausbildung, damit war die Architektur gemeint. Die gradlinige, weisse, kubische Bauform mit Flachdach und ohne jegliche Fassadenornamente ging als Bauhausstil in die Geschichte ein. Weiss war die wichtigste Farbe in der Architektur, wobei dies schon Adolf Loss 1909 mit seinem weissen Haus in Wien und 1912 Mies van der Rohe in Wassenaar vorweggenommen hatten.
Die weissen Innenwände, die für uns heute so selbstverständlich sind, waren damals revolutionär. Die begüterten Leute wohnten mit Tapeten und unzähligen Nippes. Bauhaus brachte neue Ideen: aufgeräumte Grundrisse, praktische Küchen mit moderner Technik, die leicht zu reinigen waren, weissverputze Innenräume und Fassaden.
Die AnhängerInnen des Bauhauses galten als „links“ und international. Den Weimarer Politikern waren sie zu aufgeschlossen, deshalb musste die Schule 1925 nach Dessau wechseln. Dort blieb sie bis 1932 und kam dann nach Berlin, wo die Schule 1933 durch die Repressalien der Nationalsozialisten gzwungen wurde, sich aufzulösen. Da viele Mitglieder emigrierten, wurde der Bauhausgedanke in die weite Welt getragen und tatsächlich international.
Die Fotos habe ich an der letztjährigen Ausstellung Bauhaus #itsalldesign im mudac (musée de design et d’art appliqués contemporains) in Lausanne gemacht.