Komödie des Daseins

Das Kunsthaus Zug entführt uns in die Welten des Humors von der Antike bis heute.

Freud meinte zum Witz, dass er zur Einsparung von Konflikten und zum Lustgewinn angewendet werde. Der Lustgewinn entstehe aus der kurzfristigen Lockerung von Verdrängungen.Anonym_Pope-Devil

(Anonym, Pope-Devil, ca 1600, Museum Catharijneconvent, Utrecht)

Friedrich Nietzsche war der Ansicht, dass nach der Entmachtung der Religion und dem «Tode» Gottes nur noch das «heilige Lachen» bleibt, um das Leben positiv ertragen.

In der Ausstellung wird nun  die Wechselwirkung von Kunst und Humor aufgezeigt in unzähligen Werken (über 400) und allerlei Variationen von frech, schlüpfrig, frivol, derb, aggressiv bis entwaffnend. Es gibt den Humor, der unterhält und denjenigen, der provoziert.

Askos_AntkenmuseumBasel (Anonym, Askos, 360/350 v. Chr. Ton, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig)

Die Exponate in der Ausstellung sind nicht chronologisch sondern thematisch geordnet. Humor als Waffe, eine andere Welt, das Komisch-Obszöne, Affe-Mensch, Kunst?, Sinnspiele, Kunstparodien, Selbstkomödien. Ich werde euch die Bilder eher chronologisch zeigen.

Auf griechischen Amphoren aus der Antike erblicken wir bereits männliche Gestalten mit übergrossem Penis oder Frauen, die auf Phalli reiten, einen geflügelten Phallus. Im Dionysoskult ( D: Gott des Weines und der Fruchtbarkeit) wurde ausgelassen gefeiert und das Lied des Phallos gesungen. Unrealistische Phalli wurden auch als Grabbeigaben verwendet.

 

(Martin Luther, Wider das Bapstum zu Rom vom Teuffel gestifft, Wittenberg 1545, Titelholzschnitt, Universitätsbibliothek Bern, Inv. MUE AD 408 : 9   /   Anonym, Martin Luther. Nun muß es ja gewandert seyn, 1620, Kupferstich, 23 × 25 cm, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Inv. Einbl. YA 875 m a )

Im Zivilisationsprozess des  Mittelalters verstärkte  sich die Triebunterdrückung und  das ausgelassene Lachen war verpönt. Denn das Lachen besitzt ja auch einen anarchischen Grundzug, der die Autoritäten in Frage stellt. Man könnte jemanden auslachen und gerade die Verlachten wollten Respekt und Ehrbezeugungen. Die Karnevalsfeiern dienten der Affektkanalisierung, indem für kurze Zeit eine ritualisierte Umkehrung der Machtverhältnisse geduldet wurde.

Zur Zeit der Reformation haben sich die Katholiken und die Reformierten gegenseitig mit wüstem Spott und Karikaturen zu verunglimpfen  versucht .

Nach der Aufklärung beginnt die Kunst über sich selbst zu lachen, was wir dann sehr schön bei der DaDa-Bewegung nach dem ersten Weltkrieg sehen. (Lies dazu den Blogpost «Dada als Antikunst»).

Auch zur Nazi-Zeit gab es einige Mutige, die mit Satire, Parodie oder Groteske dagegen protestierten.

 

(John Heartfield, Krieg und Leichen – Die letzte Hoffnung der Reichen, Fotomontage, 37,9 × 55,4 cm In: AIZ. Das illustrierte Volksblatt, 11, 18, 1932 Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin / Office of Strategic Services (Hrsg.), DIESE SEITE BENÜTZEN!, um 1943 Flugblatt, Propaganda-Toilettenpapier, 19,2 × 10,8 cm Deutsches Exilarchiv 1933–1945, Deutsche Nationalbibliothek, Frankfurt am Main)

In der modernen Zeit gibt es unzählige Belege über Humor als Waffe: Als Beispiel gegen Religionen gilt auch Timm Ulrichs Kruzifix  «my sweet Lord» mit Schokoladencouvertüre: « Nehmet, esset das ist mein Leib». Oder die Titelbilder des ermordeten Cabu bei der Satirezeitschrift «Charlie Hebdo: Ein weinender Mohamed, der sagt: «C’ est dur, d’être aimé par des cons…»

 

(Oppenheim Meret, Maske mit Bäh-Zunge, ohne Jahr, ©2018, Prolitteris, Zürich) / Paul Klee, Stammtischler, 1931, Zentrum Paul Klee, Bern)

Jedenfalls ist die Ausstellung unglaublich vielfältig, waghalsig und interessant. Und wird sicher von den Besuchern ganz unterschiedlich aufgenommen. Als ich sie an einem Samstag besuchte, waren viele Paare anwesend.

 

(Timm Ulrichs, Der erste sitzende Stuhl (nach langem Stehen sich zur Ruhe setzend) 1970, WENTRUP, Berlin, © 2018, Pro Litteris, Zürich) /(Ai Weiwei, Perspektive, 2000, Sammlung Urs Meile)

Dabei fiel mir auf, dass die Männer oft laut herausgelacht haben, während den Frauen höchstens ein Schmunzeln entlockt werden konnte und dies auch noch bei ganz unterschiedlichen Objekten.

Klein-1989GuerrillaGirls_DoWomenHavetobeNakedtoGetIntotheMetMuseum3000at300dpi(1) - Kopie

(Guerrilla Girls, Do women have to be naked to get into the Met. Museum?, 1989 Druck, Plakatkampagne, 36 × 90 cm Courtesy guerrillagirls.com)

Die Ausstellung Komödie des Daseins fand im Kunsthaus Zug statt.

Die Fotos wurden mir freundlicherweise vom Kunsthaus Zug zur Verfügung gestellt.

Copyright des Titelbildes: Thomas Baumgärtel, USAPE, 2017Edition: 182/999, Fine-Art-Print, 40 × 80 cm Kunsthaus Zug)

http://www.kunsthauszug.ch

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