Eines meiner absoluten Lieblingsmuseen ist das ziemlich versteckt in der Zürcher Altstadt liegende Musée Visionnaire. Hier wird mit Passion versucht aufzuspüren, was unbekannte Kunstschaffende, Stadtoriginale und schräge Vögel so für aussergewöhnliche Werke kreieren. Dafür begeben sich die Mitarbeiter*innen auf Entdeckungsreisen in Archive, Ateliers oder psychiatrische Kliniken. Bei diesen gehobenen Schätzen geht es nicht um den Kunst-Kanon oder den Kommerz. Und heraus kommen dabei wunderbare Ausstellungen mit unkonventionellen Künstler*innen.
JULIUS BOCKELT, *1983, FRANKFURT
Jeden Tag schaut sich der Künstler den Himmel an und beobachtet die sich verändernden Wolkenformationen. Einerseits fotografiert er sie für sein Wolkenarchiv, andererseits zeichnet er sie. Auch Klanginstallationen gehören zu seinen Werken. Diese stehen in Beziehung zu seinen grafischen Arbeiten.
JULIA KRAUSE-HARDER, *1973, FRANKFURT
Sie ist fasziniert von den Dinosauriern und davon überzeugt, dass die Knochen der noch nicht ausgegrabenen Dinosaurier nach ihr rufen. Sie besucht internationale
naturwissenschaftliche Museen auf Spurensuche, da sie alle bekannten 800 Dinosaurier-Arten nachbauen möchte, um sie der Nachwelt zu erhalten.
PARZIVAL‘, *1942, SONCEBOZ-SOMBEVAL,
Das Paradies auf Erden ist das Ziel von Parzival, dem Friedensaktivist, Grünschuhpharao, Klimasoldat und Ambassadeur du Soleil. Von seinem Wohnort aus kämpft Monsieur Le Vert für den Weltfrieden.
Ganz wichtig dabei ist die Kunstsprache Esperanto als Grundstein für die
Völkerverständigung. Genauso möcht er die Weltwährung Espero einführen. Deshalb produziert und laminiert er erfundene Banknoten und verschenkt sie an seinem Sitz der Weltregierung (seinem Zuhause).
VANDA VIEIRA-SCHMIDT, *1949, BERLIN,
Vanda Vieira- Schmidt war mir als Einzige der gerade ausstellenden Künstler*innen bereits bekannt. Auch sie versteht ihre Arbeit als Mission gegen das Böse in der Welt. Im Dienst des Weltfriedens bemalt und zeichnet sie täglich Unmengen von DIN-A4 Papierseiten.
Ihre Sujets sind dabei denkbar einfach. Danach stapelt sie ihre Werke. Nicht das einzelne Blatt ist wichtig, sondern erst im Zusammenhang mit der gesamten Papierbatterie. Trotzdem glaubt sie daran, dass die richtige Zeichnung im Falle eines militärischen Konfliktes aus der Installation gezogen und ans Verteidigungsministerium versandt, den Frieden wiederherstellen könnte. Im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden hat ihre Papierbatterie nun einen festen Platz gefunden.
IIMARI SALMINEN (1929-2008)
Imppu, sein Nickname, wurde als Teenager im 2. Weltkrieg in Finnland auf einen kleinen Bauernhof evakuiert. Später lebte er in einer einsamen Holzhütte im Wald. Diese Blockhütte wurde gefüllt mit Telefonen, Funkapparaten und Radios und sie wurde für ihn zur Aussenstation der interplanetarischen Kommunikation.
BEN WILSON, *1963, London
Er bemalt seit 15 Jahren plattgedrückte Kaugummis auf den Strassen von London. Dafür trät er jeweils einen kleinen Gasbrenner, feine Pinselchen und Acrylfarbe mit sich. Der Arbeitsprozess für eine Miniatur kann einen ganzen Tag dauern. Er hat so bereits mehr als 10000 kleine Chewing Gums bemalt.
URS HANSELMANN, *1958, Zürich
Der Künstler verwendet Wegwerf-Materialien wie Zeitungspapier, um daraus seine Werke zu gestalten. Mit endloser Akribie hat er diese Papiere gerollt, um sie dann in Reliefs oder Figuren zusammenzufügen. Seine Kunstwerke wirken kraftvoll und sind doch auch immer als Konsumprotest zu verstehen.
Gemeinsam ist diesen Himmelsstürmer*innen, dass sie die Welt verbessern wollen. Sie folgen ihrem inneren Drang und leben diesen künstlerisch aus. Zu unser aller Freude!
Diese Ausstellung fand im Musée Visionnaire statt.