Das erste Mal getroffen habe ich URSINA GABRIELA ROESCH an der FATart 2019 in Schaffhausen. Ich wusste, dass sie die Initiantin und Kuratorin dieser Kunstmesse-Ausstellung, an der ausschliesslich Werke von Frauen* präsentiert werden, war.

Dass sie selber auch seit Jahrzehnten kreativ tätig war und ist, erfuhr ich erst dann. Da ich ihr vielfältiges Werk spannend finde, möchte ich euch hiermit einen Einblick geben.
Geboren wurde sie in Zürich, das sie liebt. Die Familie zog aber nach Baden und dort wuchs sie auf. Sie mochte die Enge der Provinz nicht und versuchte sich so früh wie möglich, in eine Weltstadt abzusetzen. Dies gelang ihr als 18jährigem Teenager. Sie erhielt eine Stelle als Au Pair in Paris.
Neben der Sprache, bekam sie auch die Gelegenheit an der Ecole des Beaux Arts das Zeichnen zu lernen. Dann dachte sie aber, dass sie sich ihre Kleider selber nähen wollte und belegte auch Nähkurse. Danach absolvierte sie die Modefachschule. Sie lebte in einem Studio von Bekannten und verdiente sich ihren Lebensunterhalt als Aktmodell an verschiedenen Schulen. In der Chambre Syndical de la Haute Couture Parisienne fiel URSINA GABRIELA ROESCH dann durch ihre überbordende Fantasie auf. Haute Couture waren ja Einzelaufträge, aber sie schneiderte sich daneben selber ihre eigenen Kleider, ging damit in den Ausgang und erhielt so ihre ersten privaten Aufträge. Bloss die von ihr getragenen Kleider schneiderte, klebte, bostitchte sie selber. Ihre Kreationen für die Privatkundschaft liess sie schneidern. Vor allem Hochzeitskleider von ihr entworfen, waren sehr gefragt. Davon konnte sie gut leben.
Mitte zwanzig wollte sie vom Modezirkus weg und von dem damit verbundenen Nachtleben, den Drogen, etc. Ihr selbst missfiel dies und sie nahm auch nicht daran teil. Daraufhin kam sie zurück in die Schweiz, nach Zürich. Hier begann sie Kostüme für die freie Theaterszene zu entwerfen und bewegte sich in der Kunstszene. Sie wandte sich langsam ab vom Entwerfen tragbarer Kleidung und kreierte für Inszenierungen und Performances.
So kam sie vom Kostüm zum Bühnenbild und Bühnensound. Dann gewann sie ihren ersten Preis im Ausland, einen mehrmonatigen kreativen Aufenthalt in einem Schloss im Castel Burio d’Asti im Piemont.
Durch ihre dort entwickelten Projekte ergaben sich wieder Kontakte, diesmal auch mit Musik/Soundtechnik.
Sie entwickelt sich stets weiter. Sie hatte Phasen, in denen sie täglich stundenlang schrieb. Daraufhin unterlegte sie einige ihrer Fotografien mit diesen Texten. Aber auch der einfache sprachliche Ausdruck interessiert sie.
Sie wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet und bekam die Möglichkeit zu Aufenthalten in den Ateliers im Ausland wie London, Paris, Berlin etc. Zwischenzeitlich hatte sie einen Sohn geboren, den sie als Kleinkind jeweils mitnehmen konnte.
So schuf URSINA GABRIELA ROESCH in den vergangenen dreissig Jahren unterschiedlichste Werke, in denen sie als Konzeptkünstlerin die diversen Medien einsetzt und nahm und nimmt damit an zahlreichen Ausstellungen teil.
Sie kreiert Performances, arbeitet mit Texten, Visuals, Fotografie und Soundinstallationen. Sie hinterfragt Rollenmuster in Kunst und Gesellschaft und engagiert sich für Frauen* in der Kunst politisch und ganz konkret, indem sie die FATart.ch, die erste internationale Kunstmesse für Frauen* in der Kunst ins Leben rief. Sie beleuchtet Grenzen, beschäftigt sich mit Körpern und dem Köpergedächtnis genauso wie mit der Sprache.
Ihre Beobachtungen aus dem Alltag, aus Politik und Weltgeschehen nimmt sie zum Anlass, die Wirklichkeit zu hinterfragen. Und dies immer wieder auf eine individuelle Art und Weise. Falls ihr mit irgendwelchen Erwartungen an ihr Werk geht, sie werden garantiert überraschend eingelöst!
Die Fotos wurden mir von der Künstlerin zur Verfügung gestellt mit Ausnahme des Porträts, das von mir in ihrem Atelier im Kammgarn West in Schaffhausen fotografiert wurde.
Wunderbarer Beitrag!!! Spannend und sehr inspirierend – danke
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