Sophie Gogl: Jung und ironisch!

Na, wer sagt’s denn! Da schreiben und reden wir über die bekannten Kunsthäuser in den grossen Städten, über Restitutionen, fehlende Inklusion von Künstlerinnen und anderen Menschen und dabei passiert fernab des Mainstreams viel Erstaunliches in den kleineren Museen. Dies habe ich grad kürzlich im Kunsthaus Glarus erfahren. Zwei der drei Solo-Ausstellungen werden von Frauen bespielt. Die bereits bekannte und auch von der Galerie Presenhuber vertretene amerikanische Künstlerin KAREN KILIMNIK,*1955, zeigt in einem Raum ihre Mise en Scène-Installation „Swan Lake“. Die Uebertragung eines Bühnenbildes wird komplettiert durch die Musik Tschaikowskis und hüllt uns ein mit Nebelschwaden und dem sphärischen Licht. Hierbei und daneben in einem Gemälde à la Degas wird ihre Leidenschaft fürs Ballett ersichtlich.

Doch erzählen möchte ich euch von meiner Neuentdeckung: SOPHIE GOGL, die 1992 in Kitzbühl geboren wurde und in Wien lebt und arbeitet. Sie studierte Malerei und Animationsfilm an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Es benötigt einigen Mut von der Direktorin Melanie Ohnemus so eine junge und zeitgenössische Künstlerin in zwei zentralen grossen Räumen Teile ihres Werks zu zeigen zu lassen, von denen sie einige direkt vor Ort im Kunsthaus Glarus kreierte.

Die magenta- und rosafarbenen Stellflächen im Rautenmuster beherrschen den Seitenlichtsaal. Und wer genau hinschaut, erblickt den Wasserhahn, aus dem ein Strahl Epoxidharz «fliesst». Einerseits benützt sie die Leinwände als Bildraum, weitet sie jedoch auch zu Rauminstallationen aus.

Die Tiroler Künstlerin war im Oktober in New York und hatte die vielschichtige Installation aus Licht und Sound «Dream House» besucht, die sie sehr beeindruckt hatte. Leider war Fotografieren verboten und auch das Handy durfte nicht benutzt werden, um die Schwingungen nicht zu stören. Aber im geschützten Umfeld der Toilette hatte sie die Fliesen fotografiert, die ebenso wie der zentrale Bereich in pinkes und bläuliches Licht getaucht waren.

Der Wasserhahn im Seitenlichtsaal stellt die Verbindung dar zu den Gemälden von spiegelnden Fliesen im zweiten Ausstellungsraum. Dem Thema Malerei etwas Neues abzugewinnen, ist tatsächlich schwierig. Sie versucht dies hiermit. Das Raster auf den blau-pinken Bildern erinnert an die Quadrate der Fliesen. Doch nun hat sie auch noch figurative Elemente hinzugefügt. Dazu benützte sie verschiedene Bildvorlagen. Immer jedoch fotografische Vorlagen wie zum Beispiel Badezimmerspiegel-Selfies. «Im Selfie wird der private Raum des Badezimmers ja auch potenziell öffentlich. Es ist ein Spiel mit Aneignung.»

Mir gefallen die Themen auf den Bildern wie auf meinem Favoriten. Die Erwachsene zum Kind: «Want a Valium Honey?» Ist das Gesicht der weiblichen Person etwa Cindy Sherman, die sich mittels ihrer Selbstporträts mit Geschlechterklischees und Identität auseinandersetzt? Sherman habe ich jeweils nicht in Interaktionen mit anderen Personen in Darstellungen auf ihren eigenen Fotos gesehen.

Die beiden im Zimmer aufgestellten Treppen führen ins Nirgendwo. Sie erinnern die Künstlerin an ihre Teenager-Zeit, als auf dem Land, wo sie aufwuchs, nichts passierte und sie mit anderen Jugendlichen abhing, zu jung für die Vergnügungen der Erwachsenen und nicht mehr behütetes Kind. Es ist aber erstaunlich, wie sich Blickwinkel und Atmosphäre ändern, wenn ich die Treppen hochsteige und dort verweile. Ein paar Stufen oberhalb und der Raum mit seiner Dringlichkeit gerät leicht ins Entschwinden.

Zur Ausstellung gibt es ein erhellendes Interview zwischen Ohnemus und Gogl, das ich empfehle wegen der Reflektiertheit, mit der die junge Künstlerin über ihre Arbeit spricht. Ob über Klima, Nachhaltigkeit des Kunstbetriebes oder Heimat, über alles denkt sie nach und setzt ihre Ideen assoziationsreich und mittels diverser Stilmittel wie Malerei, Installationen oder Objekten um.

Also, wer die klassischen Pfade der grossen Museen ergänzen möchte, wird auf dem Weg ins Kunsthaus Glarus mit einer Newcomer-Perle belohnt.

Die Ausstellung «Die knusprige Nichte» dauert noch bis am 25. Juni 2023.

http://www.kunsthausglarus.ch

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