Zürcher Spielzeugmuseum: klein und fein

Es gibt Zeiten, da ist mensch empfänglicher für Nostalgie. Die Zeit im Advent gehört für mich dazu. Draussen in der Natur gibt es kaum mehr Farben, das Wetter oft neblig oder regnerisch. Was liegt also näher, als einen Besuch in einem farbigen Universum der Kindheit zu planen?

In Zürich existiert seit dem 19. Jahrhundert ein Spielwarengeschäft, der „Franz Carl Weber“. Im Jahr 1956 zum 75. Jubiläum begann Frau Weber-Beck einige antike Stücke zu sammeln, um im Geschäft den Gegensatz von „gestern und heute“ zu zeigen. Dabei blieb es aber nicht. Sie kaufte mit Sachverstand bei Händlern und auf Flohmärkten in ganz Europa weiter. Sie tauschte doppelte Objekte mit Museen und anderen Sammlern.  So entstand 1981 aus ihrer Sammlung dieses Museum mit vielen bis 200-jährigen Objekten, die nicht nur Kinderherzen höher schlagen lassen.

Richtige Spielsachen waren früher aber den oberen Gesellschaftskreisen vorbehalten, den anderen Kinder blieben oft selbst gefertigte Bälle, einfach geschnitzte Tiere oder Kreisel. Das Spielen diente dem Nachwuchs meistens zum Selbstzweck, zur Freude. Ob den Bewegungsdrang ausleben oder das Inszenieren der Erlebniswelt, stets bleibt es ein Akt der Selbstvergessenheit. Wobei die Gesellschaft die Spielzeuge auch zur Hinführung in die spezifische Geschlechterrolle benützt hat. Kann man also deshalb sagen, dass Spielwaren immer schon edukativ waren?

Dabei ist es interessant, dass  „Spielzeug“ bereits im Altertum  nachzuweisen ist. Puppenähnliche Gebilde oder Pfeifen aus Holz, Stein und Ton wurden als Grabbeigaben in Kindergräbern gefunden. Inwieweit sie aber auch vorher zum Spielen genutzt wurden, entzieht sich unserer Kenntnis. Im alten Ägypten gab es bereits hölzerne kleine Tiere oder Puppen aus Knochen und Gips. Auch auf alten griechischen Vasen sieht man Kinder mit Spielzeug abgebildet.

Im Mittelalter waren dann alle Spielsachen in Mode, die zum kleinen Ritter gehörten wie Schaukelpferde aus Holz, oder mit Wappen bemalte hölzerne Schutzschilde und Lanzen aus Messing und Zinn.

Um die gesellschaftliche Rolle als Mutter zu festigen, waren den Mädchen zu diesem Zweck Puppen und prächtig ausgestattete Puppenhäuser geschenkt worden.

Historisch interessant sind Spielwaren, weil sie das Leben der damaligen Zeit en miniature spiegeln. Diese Modepuppen zum Beispiel wurden gar nicht für Mädchen gemacht. Die Schneiderinnen fertigten sie, um der Kundin das geplante Kleid vorzustellen. Bei Gefallen wurde das jeweilige Muster den Massen der Kundin abgepasst und das Original gefertigt.

Mit dem Aufkommen der Schulpflicht wurden bereits auch diese neuen Lernwelten nachgebildet.

Die Dampfmaschinen, Eisenbahnen, Automobile und Flugmaschinen zeugen von der damaligen technischen Revolution und dem Wunsch nach Mobilität und dem Reisen.

Viele der Spielsachen im Museum sind Einzelstücke, die mit viel Liebe zum Detail von Hand gefertigt wurden. Im Erzgebirge, in Sonneberg, im Grödnertal gab es unzählige Familien, die in Heimarbeit die miniaturisierten Figuren und Gegenstände herstellten. (Auch Geräte in den Küchen der Puppenhäuser, die man heute nicht mal mehr kennt.)

Der einzige Wermutstropfen im Spielzeugmuseum: Niemand darf mehr mit diesen wundervollen Exponaten spielen. Sie sind bloss noch in den Glasvitrinen zu bestaunen.

http://www.zürcher-spielzeugmuseum.ch

 

 

 

 

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